SESAME steht für Synchrotron-light for Experimental Science and Applications in the Middle East. Diese einzigartige Einrichtung ist ein internationales Exzellenzzentrum im wahrsten Sinne des Wortes: Sie wurde im Rahmen einer multinationalen Kooperation unter der Schirmherrschaft der UNESCO nach dem Vorbild des CERN entwickelt und von verschiedenen Regierungen weltweit unterstützt. Aktive Mitglieder von SESAME sind derzeit Zypern, Ägypten, Iran, Israel, Jordanien, Pakistan, Palästina und die Türkei – ein wunderbares Beispiel dafür, wie Länder trotz gravierender politischer und kultureller Unterschiede friedlich zusammenarbeiten können, um die Wissenschaft voranzubringen!

Eine Synchrotronstrahlungsquelle (kurz SR vom englischen Begriff „Synchrotron Radiation“) erzeugt intensive Röntgenpulse mit Wellenlängen und Intensitäten, die eine äußerst präzise Untersuchung z. B. von Materialoberflächen, menschlichen Zellen oder sogar Atomen ermöglichen. In den letzten Jahrzehnten hatten die außergewöhnlichen Eigenschaften von Synchrotronstrahlung einen immensen Einfluss auf fast alle Bereiche der Wissenschaft, darunter Archäologie, Biologie, Chemie, Umweltwissenschaften, Geologie, Medizin und Physik.

SESAME-Maschine mit BESSY-I-Injektor

Das Konzept von SESAME basiert auf einem 2,5-GeV-Hartstrahlenspeicherring, wie er von der Forschungsgemeinschaft im Nahen Osten benötigt wird. In der SESAME-Maschine lebt der 800-Megavolt-Injektor der alten deutschen BESSY-I-Anlage (die von der deutschen Regierung gespendet wurde) weiter, der jedoch einer umfassenden Modernisierung unterzogen wurde, um seine Zuverlässigkeit und Leistung zu verbessern. Doch damit nicht genug, denn SESAME verfügt über eine weitere einzigartige Eigenschaft: Es ist die erste SR-Quelle der Welt, die ausschließlich mit erneuerbarer Energie betrieben wird!

Heute sind bei SESAME fünf Beamlines im Einsatz, und weitere sind in Planung. Alle Vakuumsysteme von SESAME basieren auf der VAT-Ventiltechnologie. Hier können die Produkte von VAT einmal mehr ihre Langlebigkeit und Zuverlässigkeit unter Beweis stellen. Die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen VAT und SESAME ist ein voller Erfolg und VAT freut sich darauf, weiterhin seine Vakuumkompetenz in diesem spannenden Wissenschaftsprojekt einzubringen!

Mehr lesen
Das reiche kulturelle Erbe des Nahen Ostens, das so oft der Grund für Kriege und Konflikte ist, erwies sich als Bindemittel, das die SESAME-Mitglieder zusammenhält. Wie Mohammad Al-Najdawi, Leiter der Vakuumgruppe bei SESAME, es ausdrückt: "Da Synchrotronstrahlung eine grundlegende Rolle bei der Erforschung von Materialien, Archäologie und kulturellem Erbe spielt, wollten alle Länder der Region ihre eigene SR-Quelle haben." Heute dient SESAME als Sammelbecken für Experten aus mehreren Ländern, die ihr Wissen über ähnliche Forschungsprobleme austauschen können. Mohammad Al-Najdawi fügt mit Stolz hinzu: "Unsere Einrichtung ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie reichere Länder dazu beitragen, die Kosten für die Forschung in Regionen zu decken, die weniger wohlhabend sind, aber ein reiches Kulturerbe haben."

BESSY I teilweise wiederbelebt

Der Bedarf an einer internationalen Synchrotron-Anlage im Nahen Osten war in der Wissenschaft schon lange erkannt worden. Im Jahr 1997 bot sich schließlich eine großartige Gelegenheit: Die BESSY-I-Anlage in Berlin sollte stillgelegt werden, und Gustav-Adolf Voss, der damalige DESY-Chef, hatte die Idee, dass die Komponenten für eine SR-Quelle im Nahen Osten wiederverwendet werden könnten. Der Vorschlag fiel auf fruchtbaren Boden und die deutsche Regierung erklärte sich bereit, die Komponenten für das noch zu gründende SESAME-Projekt zu spenden. Jordanien wurde als Standort für SESAME ausgewählt, und die jordanische Regierung stellte das Land und die Mittel für den Bau der Gebäude zur Verfügung.

Wie die meisten anderen SR-Quellen wurde auch SESAME in mehrere Teile aufgeteilt. Als Vorinjektor dient ein klassisches 22-MeV-Mikrotron, das die Elektronen emittiert und auf 20 MeV beschleunigt. Nach etwa 40 Umdrehungen im Mikrotron werden die Elektronen in den 800-MeV-Booster und dann zur weiteren Beschleunigung in den Speicherring überführt, bis sie eine Energie von 2,5 GeV erreicht haben. Der 2,5-GeV-Speicherring von SESAME mit einem Auslegungsstrom von 400 mA ist ein 133,2 m breiter Ring aus normalleitenden Magneten, der die hochenergetischen Elektronen auf einer Kreisbahn hält und so die für die Experimente benötigte Synchrotronstrahlung aussendet. Zu diesem Zweck müssen im Inneren des Ringtunnels konstante UHV-Vakuumbedingungen herrschen (ca. 10-9 mbar). Die von den Elektronen emittierte Synchrotronstrahlung wird dann in die Beamlines weitergeleitet, die den Speicherring umgeben.

Fünf Beamlines in Aktion

Als das Zentrum im Mai 2017 offiziell eröffnet wurde, enthielten nur das Mikrotron und der Booster alte BESSY-Teile (die später gründlich überholt wurden), während der Speicherring eine völlig neue Konstruktion war – mit geraden Abschnitten, die Einschubvorrichtungen aufnehmen können, um SESAME zu einer SR-Quelle der dritten Generation zu machen. Im April 2017 wurde der im Speicherring zirkulierende Strahl auf die geplante Energie von 2,5 GeV hochgefahren – und im Juli 208 konnten die experimentellen Arbeiten endlich beginnen.

Heute stehen den SESAME-Forschern fünf Beamlines zur Verfügung. Mohammad Al-Najdawi war an der Einrichtung aller Beamlines beteiligt: "2018 begannen wir mit einer IR-Beamline, die in Zusammenarbeit mit SOLIEL in Frankreich entwickelt wurde, und einer XAFS/XRF-Beamline, die auf einer vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf gespendeten Beamline basiert. Im Jahr 2020 kam dann eine materialwissenschaftliche Beamline hinzu, die das Schweizer Paul-Scherrer-Institut gespendet hatte. Seither sind noch zwei weitere neue Beamlines gebaut worden."

Neue Beamline für weiche Röntgenstrahlung

Eine der jüngsten Beamlines, die die SESAME-Entwickler installiert haben, heißt HESEB, kurz für HElmholtz-SEsame Beamline. Es handelt sich dabei um SESAMEs erste Beamline für weiche Röntgenstrahlung. Mohammad Al-Najdawi erklärt: "Mit dieser weichen Röntgenstrahlung können wir eine Vielzahl von wissenschaftlichen Fragestellungen untersuchen, z.B. in der Festkörperphysik, der Biologie oder den Umweltwissenschaften. Typische Anwendungen sind die Entwicklung neuer Halbleitermaterialien oder magnetischer Filme, oder auch in-situ-Untersuchungen in homogenen katalytischen Systemen."

HESEB erwies sich einmal mehr als gutes Beispiel dafür, wie verschiedene SR-Einrichtungen ihre Kompetenzen bündeln, um das beste Ergebnis für die Wissenschaft zu erzielen: Seit 2019 kümmert sich ein Konsortium aus fünf deutschen Forschungszentren (DESY, FZJ, HZB, HZDR und KIT) um die Finanzierung, das Design und den Aufbau der Beamline. Als ob die Anzahl der Akteure nicht schon genug wäre, fügt Mohammad Al-Najdawi lächelnd einen weiteren hinzu: "Das HESEB-Layout ermöglicht den Betrieb von zwei separaten experimentellen Endstationen. Die zweite Endstation, mit einem starken Fokus auf Fotoemissionsspektroskopie, wird von der Türkei finanziert. Es ist also die erste Beamline, die von einem SESAME-Mitgliedstaat finanziert bzw. gebaut wird!"

BEATS schlägt sie alle!

Die andere neue Beamline heißt BEATS, kurz für BEAmline for Tomography at SESAME. Die Kosten in Höhe von 6 Millionen Euro für diese Vollfeld-Tomografie-Beamline für harte Röntgenstrahlung werden von der Europäischen Union getragen. Wenig überraschend ist auch BEATS das Ergebnis einer erfolgreichen internationalen Zusammenarbeit: Neben SESAME und dem Cyprus Institute aus dem Nahen Osten haben die renommierten europäischen SR-Institute ALBA-CELLS (Spanien), DESY (Deutschland), ESRF (Frankreich), Elettra (Italien), INFN (Italien), PSI (Schweiz) und SOLARIS (Polen) ihre Kompetenzen gebündelt, um die optimale Version einer Tomografie-Beamline zu schaffen. "Es war so aufregend zu sehen, wie sich die Erfahrungen all dieser Wissenschaftler in diesem internationalen Team vervielfachten", erinnert sich Mohammad Al-Najdawi lebhaft.

Eine typische Anwendung der BEATS-Beamline ist die 3D-Rekonstruktion empfindlicher Kulturgüter oder regionaler archäologischer Funde, die nicht einfach zerlegt werden können, um zu sehen, was im Inneren vor sich geht. Damit repräsentiert BEATS bestens das eigene Erbe von SESAME. Aber nicht nur das: BEATS bietet auch neue Möglichkeiten für die Charakterisierung geologischer Proben. Dazu Mohammad Al-Najdawi: "Die Grundwasserbewirtschaftung im Nahen Osten ist aufgrund des trockenen Klimas in der Region, des steigenden Wasserbedarfs und der Gefahr einer übermäßigen Wasserentnahme ein wichtiges Thema. Die Untersuchung der unterirdischen Wasserverteilung und -dynamik ist daher in diesem geografischen Gebiet von entscheidender Bedeutung. Die Visualisierung und Modellierung von Mehrphasenströmungen in Wasser-Reservoirs mithilfe der Computertomografie ist ein wichtiger Schritt für die Planung von Schutzeinrichtungen für Grundwasserleiter."

Zuverlässige Vakuumsysteme

Alle Vakuumsysteme bei SESAME – sei es in der Maschine, in den Beamlines oder auf den Prüfständen – basierten von Anfang an auf VAT-Ventiltechnik. "Unsere Anlage umfasst viele UHV- und Ganzmetallschieber der VAT-Baureihen 01.0, 10.8 und 48.1/48.2, und wir verwenden VAT-Ventile der Baureihe 54.1, um mobile Pumpstände anzuschließen", fasst Mohammad Al-Najdawi zusammen. "Im Inneren des Speicherrings verwenden wir spezielle RF-geschirmte Schieber der VAT-Baureihe 47.1/47.2, die an die Schlüsselform des Tunnels angepasst werden mussten. Außerdem nutzen wir Schnellverschlüsse der VAT-Baureihe 77.1/77.3 in den Front-Ends aller Beamlines, um den bestmöglichen Schutz für den Ring selbst und die anderen Beamlines zu gewährleisten."

Bei SESAME können die eingesetzten VAT-Produkte ihre Langlebigkeit und Zuverlässigkeit ganz wunderbar unter Beweis stellen, wie Mohammad Al-Najdawi erklärt: "Erinnern Sie sich daran, dass das Mikrotron und der Booster von BESSY I demontiert wurden? An einigen Stellen verwenden wir also VAT-Ventile, die in den 1980er Jahren gebaut wurden. Und raten Sie mal: Sie funktionieren immer noch einwandfrei!"

Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Zukunft

Mohammad Al-Najdawi ist sehr glücklich über die produktive, langfristige Zusammenarbeit zwischen VAT und SESAME: "In meiner Position habe ich mit vielen Lieferanten von Vakuumtechnik zu tun. Doch die Zusammenarbeit mit VAT ist immer eine der reibungslosesten und effektivsten gewesen, sowohl in Bezug auf die Bestellung als auch auf den Kundendienst."

Mohammads guter Eindruck wurde noch verstärkt, als er 2016 die VAT-Zentrale in der Schweiz besuchte. "Nachdem wir VAT gebeten hatten, einige unserer Schieber zu überholen, sagten sie uns, wir sollten die Schieber rüberschicken und dann selbst nachkommen, um bei der Generalüberholung der Ventile dabei zu sein. Es war so interessant zu erfahren, wie diese Schieber hergestellt werden! Wir haben sogar einen unserer Schieber gemeinsam restauriert!"

Energie von der Sonne

Das Allerbeste an SESAME ist, dass das Institut, nachdem es so von internationalen Geldern und dem Wissen anderer SR-Institut profitiert hat, es geschafft hat, sich eine ganz besondere Fähigkeit anzueignen, die alle anderen Anlagen weltweit zunehmend schätzen werden. SESAME ist nämlich der erste Beschleuniger der Welt, der ausschließlich mit erneuerbarer Energie betrieben wird! Mohammad Al-Najdawi erinnert sich, wie alles begann: "Beschleuniger sind Großverbraucher von Strom, und Strom ist in Jordanien sehr teuer. Um die Nachhaltigkeit der Anlage zu verbessern, mussten wir uns nach alternativen Stromquellen umsehen. Deshalb haben wir uns um eine Finanzierung für ein Solarkraftwerk bemüht."

Im Jahr 2016 erklärte sich die jordanische Regierung großzügig bereit, umgerechnet 7,05 Millionen US-Dollar aus Mitteln der Europäischen Union zur Unterstützung der Solar-Pläne von SESAME bereitzustellen. Das Solarkraftwerk wurde im Februar 2019 schließlich in Betrieb genommen. "Das macht SESAME sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch nachhaltig – und zu einem echten Vorreiter in der Wissenschaft", freut sich Mohammad Al-Najdawi.

Vielversprechende Pläne

Die beiden neuen Beamlines sind bereits in Betrieb und müssen nur noch verifiziert werden, bevor sie für die Nutzer freigegeben werden können. Was sind nach Abschluss dieser Projekte die nächsten Pläne von SESAME? Mohammad Al-Najdawi ist optimistisch: "Wir haben bereits die Technologien für weitere Beamlines ausgearbeitet, aber letztendlich hängt alles von der Finanzierung ab, die wir für unsere Ideen erhalten können." Es bleibt zu hoffen, dass die weltweite Wissenschaftsgemeinschaft SESAME weiterhin unterstützt, damit sich dieses inspirierende Projekt weiter entfalten kann.

Bannerbild von Caraban Gonzalez, Noemi fotograf, CERN-PHOTO-201811-345-3 auf CERN.