Photo Credits: DESY/SciComLab

«Teilchenbeschleuniger sind zentral für die Teilchenphysik», erklärt Jürg Öhri, Sales Manager bei VAT. Die massiven Anlagen liefern entscheidende Hinweise darauf, woraus unser Universum besteht, wie die fundamentalen Bausteine aussehen und was alles im Innersten zusammenhält. So haben sie die Entdeckung der Quarks ermöglicht. Diese geben Aufschluss darüber, wie sich die Grundkräfte der Natur übertragen. Und auch das Higgs-Boson, ein Elementarteilchen, das anderen Teilchen Masse verleiht, wurde im Teilchenbeschleuniger nachgewiesen.

Die aktuelle Generation von Beschleunigern verwendet Hochfrequenz(HF)-Resonatoren, um einen Teilchenstrahl auf ein hohes kinetisches Energieniveau zu bringen, bevor diese Teilchen mit anderen zur Kollision gebracht werden. Die Analyse dieser Zusammenstöße verschafft den Wissenschaftlern einen Einblick in die Struktur der subatomaren Welt und in grundlegende Naturgesetze. Will man jedoch noch tiefer in subatomare Strukturen eindringen, braucht es noch höhere Energien – und für noch höhere Energien braucht es noch größere Beschleuniger. Selbst die «größte Maschine der Welt», der Large Hadron Collider (LHC), reicht hierfür nicht aus. Die Anlage, die zum CERN in Genf gehört, befindet sich in einem unterirdischen Ring mit einem Umfang von 27 Kilometer.

Anlagen wie der geplante Future Circular Collider (FCC) mit 100 Kilometer Umfang sind äußerst kostspielig und eine Finanzierung durch weltweite Forschungskooperationen ist vonnöten. Doch suchen einige Teilchenphysiker nach alternativen Wegen. Ihr Ziel ist es, neue Teilchenbeschleuniger auf kleinerer Fläche zu bauen, die höhere Energien und eine bessere Strahlqualität als die bestehenden Anlagen aufbieten – und das zu geringeren Kosten. Jürg Öhri zeigt sich zuversichtlich, dass dieses bisher für unmöglich gehaltene Konzept dank einer neuen Technologie Wirklichkeit werden könnte: mit der sogenannten Plasma Wakefield Acceleration (dt.: Kielfeld-Beschleunigung – «wake» ist das Kielwasser eines Schiffes).

Surfen auf der Plasmawelle

Ein Plasma-Wakefield-Beschleuniger nutzt einen Laser-, Elektronen- oder Protonenstrahl, der sich nahezu mit Lichtgeschwindigkeit durch das Plasma bewegt. Die Kielwelle im Plasma reißt die freien Elektronen des Plasmas mit – die Teilchen surfen gewissermaßen auf einer Plasmawelle und können auf kurzer Strecke sehr viel stärker beschleunigen als in klassischen Anlagen. «Wenn das Konzept erfolgreich ist, würden Plasmabeschleuniger die Größe und Kosten solcher Anlagen drastisch reduzieren», betont Jürg Öhri.

Die Plasmawellen-Technologie könnte die aktuell verwendeten HF-Resonatoren ersetzen und ihre Weiterentwicklung eine exponentielle Steigerung der Elektronenvolt-Energie bringen – auf viel kürzerer Strecke. Erste Ergebnisse des Advanced Proton Driven Plasma WAKEfield Accelerator Experiment (AWAKE) am CERN belaufen sich auf eine Milliarde Elektronenvolt, das bedeutet ein Gigaelektronenvolt über eine Distanz von nur drei Zentimetern.

«Ein klassischer Beschleuniger bräuchte 150 bis 200 Meter Strecke, um die gleiche Energie zu erzeugen», berichtet Jürg Öhri. «Die jüngsten Versuche erzielten ein Niveau von vier Gigaelektronenvolt über eine Entfernung von nur neun Zentimetern, dann erstaunliche acht Gigaelektronenvolt über zwanzig Zentimeter. Das ist eine enorme Verkürzung!»

Globaler F&E-Aufwand – auch für VAT

AWAKE ist nur eine von vielen Bemühungen, eine weniger raumgreifende Beschleunigertechnologie zu finden. An alternativen Lösungen arbeiten auch die Berkeley Labs und das FACET-Projekt am SLAC (Stanford University), beide in Kalifornien, das LAOLA-Projekt des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) in Hamburg und in Zeuthen bei Berlin sowie JuSPARK in Jülich. DESY testet zum Beispiel ein System, bei dem ein Teilchenstrahl statt eines Lasers eine Plasmawelle erzeugt.

Die neuen Ansätze stellen andere Anforderungen an die Anlagenkomponenten. Das gilt auch für die Vakuumventile, daher befassen sich die F&E-Teams von VAT intensiv mit den verlangten technischen Lösungen. Die Entwicklungsarbeit von VAT konzentriert sich dabei auf die spezifischen Erfordernisse der hochenergetischen Umgebung der Experimente, z.B. auf äußerst schnelle und präzise Ventilfunktionen sowie hohe Langzeitbeständigkeit trotz extremer Temperaturen und Strahlung. Die Integration verschiedener Ventilfunktionen in eine einzige kompakte, platzsparende Baugruppe ist ein weiterer Aspekt, den das wachsende VAT-Vakuumventilportfolio für plasmabezogene Prozesse berücksichtigt.

«Weitere Tests zu den Wakefield-Konzepten laufen», sagt Jürg Öhri und betont: «Die VAT-Ventile, die in den Beschleunigerprototypen verbaut sind, funktionieren wie geplant. Sie erfüllen durchweg die Projektmeilensteine in puncto Funktion und Zuverlässigkeit.»