Im Dezember 2022 sorgten Wissenschaftler der National Ignition Facility (NIF) am Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien für mediales Aufsehen, als bekannt wurde, dass sie bei ihren Fusionsexperimenten offenbar erstmals einen sogenannten brennenden Plasmazustand erzeugt hatten, das heißt ein Zustand, bei dem die in das Plasma hineingesteckte Energie durch die Hitze der bei der Fusion entstehenden Heliumkerne kompensiert wird. Konkret setzten sie aus einem mit den Wasserstoffisotopen Deuterium (D) und Tritium (T) gefüllten Pellet eine Fusionsenergie von 3,15 Megajoule frei, während der Energieverbrauch des Lasers lediglich 2,05 Megajoule betrug – fraglos ein gewaltiger Schritt für die Zukunft der Energiegewinnung per Kernfusion! Schon Anfang des Jahres 2022 hatten Forscher beim JET-Labor in Großbritannien von sich reden gemacht, als sie ihren eigenen Weltrekord für die durch Kernfusion erzeugte Energiemenge brachen – fünf Sekunden lang etwa 59 Megajoule Energie. Alleine diese beiden Forschungsergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: Die Kernfusionsforschung entwickelt sich rasant weiter, und die Kernfusion birgt ein riesiges Potenzial als sichere und nachhaltige Energiequelle der Zukunft!

Verschiedene technologische Ansätze zur Aktivierung einer Kernfusion erweisen sich immer deutlicher als zukunftstauglich – und so rückt der Traum von einem Fusionsreaktor, der tatsächlich kontinuierlich mehr Energie erzeugt als er verbraucht, Stück um Stück näher. Natürlich ist es noch ein sehr weiter Weg: Optimistischen Schätzungen zufolge dürften erste kommerzielle Reaktoren frühestens um die Jahrhundertmitte verfügbar sein. Dennoch, das Feld ist breiter geworden und immer mehr Akteure betreten das Fusions-Spielfeld. So haben sich neben den Großforschungsprojekten wie ITER, JET oder NIF mittlerweile mehr als 30 privat finanzierte Unternehmen in aller Welt auf Fusionskonzepte mit kommerziellem Potenzial spezialisiert. Egal ob Forschungsinstitute oder junge Start-ups: Viele von ihnen vertrauen beim Bau ihrer Fusionstechnologien auf Ventiltechnologie von VAT, vom maßgeschneiderten Einzelstück bis zum kompletten Portfolio.

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Energiegewinnung durch kontrollierte Kernfusion – diesem Menschheitstraum jagen Forscherteams in aller Welt fieberhaft hinterher. Fusionsenergie entsteht, wenn zwei Atomkerne miteinander verschmelzen: Gemäß Albert Einsteins berühmter Formel E = mc2 wird die Massendifferenz zwischen den beiden Ursprungskernen und dem resultierenden Fusionskern als Energie freigesetzt. Dabei handelt es sich um unvorstellbar große Energiemengen: Die Umsetzung von einem Gramm Deuterium-Tritium-Gemisch zu Helium (und Neutronen) würde eine thermische Energie von rund 100 Megawattstunden hervorbringen. Zum Vergleich: Um diese Energiemenge aus Steinkohle zu erzeugen, müssten mehr als 12 Tonnen Kohle verbrannt werden!

Entscheidend für den Erfolg einer Kernfusionsreaktion ist das sogenannte Lawson-Kriterium: Nur wenn diese mathematisch-physikalische Bedingung erfüllt ist, hält sich die Fusionsreaktion in einer makroskopischen Brennstoffmenge selbsttätig aufrecht, weil der im Plasma verbleibende Anteil der freigesetzten Fusionsleistung größer als die Verlustleistung des Plasmas ist. In diesem Fall sprechen Physiker von einer Plasmazündung. Wenn sich die bereits erwähnten NIF-Forschungsergebnisse als belastbar erweisen, wäre dies das erste Mal in der Geschichte der Fusionsforschung, dass das Lawson-Kriterium in einer kontrollierten Reaktion erfüllt wurde – ein echter Meilenstein!

Kernfusion ist in jeglicher Hinsicht ein extremes Unterfangen. Denn damit zwei Atomkerne miteinander fusionieren können, müssen sie zuerst eine sehr, sehr hohe Bewegungsenergie besitzen, sonst werden sie von den abstoßenden Coulomb-Kräften voneinander ferngehalten und kommen gar nicht erst in den „Genuss“ der kurzreichweitigen Kernkraft, die letztlich für die Fusion und den damit einhergehenden (Bindungs-)Energiegewinn verantwortlich ist. Entsprechend sind bei Fusionsexperimenten extrem hohe Temperaturen und Drücke nötig. Unter diesen für die Fusion nötigen Bedingungen liegt Wasserstoff als Plasma vor, d.h. die Elektronen haben sich von den Atomkernen abgelöst und die Elementarteilchen bewegen sich unabhängig voneinander. Dieses Plasma gilt es in Kernfusionsreaktoren „beisammen“ zu halten und dann so lange kontrolliert zu erhitzen, bis die Fusion der Atomkerne einsetzt. Ein direkter Einschluss in Gefäßen ist ausgeschlossen, weil das Plasma sofort abkühlen würde, wenn es mit dem Wandmaterial in Berührung käme. Was also tun? Über die Jahre haben Wissenschaftler zwei vielversprechende Lösungsstrategien entdeckt.

Beim magnetischen Einschluss werden wenige Gramm des DT-Gasgemisches in einen viele Kubikmeter großen, torusförmigen Vakuumbehälter eingebracht und auf bis zu 150 Millionen Kelvin erhitzt, wodurch das Gas in den Plasmazustand übergeht. Anschließend werden die Elektronen und Protonen im Plasma mithilfe starker Magnetfelder geschickt im Inneren eines „Magnetkäfigs“ gehalten. Dabei konzentriert sich die Fusionsforschung auf zwei verschiedene Anlagentypen, den Tokamak und den Stellarator. Sie unterscheiden sich vor allem dadurch, wie das magnetische Feld, welches das Plasma einschließt, aufgebaut wird: Während Tokamaks die magnetischen Ringfelder über einen im Plasma fließenden elektrischen Strom herstellen, erzeugen Stellaratoren die Ringfelder ausschließlich mithilfe äußerer Spulen. Beispiele für Tokamak-Reaktoren sind der bereits im Rahmen des 2022-Weltrekords erwähnte Joint European Torus (JET) in England, das ASDEX Upgrade in Garching und der geplante ITER-Reaktor in Frankreich. Ein vielversprechendes Beispiel für einen Stellarator ist der Wendelstein 7-X, den das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald betreibt. Private Unternehmen, die auf diesem Gebiet vielversprechende Forschung beitragen, sind u.a. Commonwealth Fusion Systems, Tokamak Energy und Renaissance Fusion. Die Technologie des magnetischen Einschlusses kann auf eine lange und entsprechend lehrreiche Entwicklungserfahrung seit den 1940er-Jahren zurückblicken. Auch die vielen bereits erprobten Varianten machen den magnetischen Einschluss zu einem vielversprechenden Technologiekandidaten für zukünftige Kernfusionsreaktoren. Im Vergleich zu den anderen Technologien ist der Bau bzw. Betrieb von Anlagen mit magnetischem Einschluss jedoch extrem kostspielig, und auch die Frage, wie sich das Plasma dauerhaft stabilisieren lässt, bereitet den Forschern derzeit noch ziemliches Kopfzerbrechen.

Beim Trägheitseinschluss wird eine wenige Millimeter große Kapsel mit dem DT-Gemisch durch intensive Laserstrahlung extrem schnell (< 0,1 ns) auf eine Temperatur von etwa 100 Millionen Grad aufgeheizt. Zusätzlich wird der Brennstoff durch ein Absprengen der Kapselhülle auf einen Druck > 3∙1015 bar zusammengedrückt, so dass die nötigen Fusionsbedingungen erfüllt sind. Das Problem des Plasma-Einschlusses spielt dabei eine untergeordnete Rolle, weil bis zum Zeitpunkt, an dem das expandierende Plasma gegen die Kapselwand donnert, bereits ausreichend viele Fusionsreaktionen stattgefunden haben. Das prominenteste Beispiel für Forschungseinrichtungen, die auf diesem Fusionsprinzip beruhen, ist das bereits erwähnte NIF in den USA. Namhafte private Firmen in diesem Forschungsbereich sind z.B. Innoven Energy, First Light oder Marvel Fusion. Die Vorteile beim Trägheitseinschluss sind ein guter Wärmeschutz und die vergleichsweise langen Einschlusszeiten; auch ein geringerer Energieaufwand für den Betrieb und die vergleichsweise einfache Bauweise der Anlagen sprechen für diese Technologie. Jedoch sind noch zahlreiche Herausforderungen rund um die Effizienz, Stabilität und Steuerung der Anlagen zu bewältigen…

Bei Magnetized Target Fusion (MTF) bzw. Magneto-Inertial-Fusion (MIF) handelt es sich um Kombinationen aus den beiden bereits genannten Methoden. Wie beim magnetischen Ansatz wird hier der Fusionsbrennstoff bei einer recht geringen Dichte durch Magnetfelder beisammen gehalten, während er zu einem Plasma erhitzt wird. Wie beim Trägheitseinschluss wird die Fusion dann durch schnelles Zusammendrücken des Targets eingeleitet, um die nötige Brennstoffdichte und -temperatur zu erreichen. Es besteht berechtigter Grund zur Hoffnung, dass sich die Bauweise von Fusionsanlagen durch solch eine Kombination deutlich vereinfachen lässt. Jedoch ist die Effizienz von MTF-Anlagen geringer als erwartet, und auch das Erreichen der Plasmazündung gestaltet sich als vergleichsweise schwierig. Zu den aktivsten Unternehmen, die in diesem Bereich forschen, gehören z.B. Helion Energies und TAE in den USA oder Generalfusion in Kanada.

Egal, mit welcher konkreten Technologie: Kernfusion eröffnet die wertvolle Chance auf eine wetterunabhängige und vor allem emissionsfreie Energiequelle. Ein weiteres dickes Plus besteht darin, dass Wasserstoff hier auf der Erde ein nahezu unerschöpflicher Rohstoff ist. Zudem sind die Rückstände der Kernfusion, im Gegensatz zu den umweltschädlichen Treibhausgasen bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern, chemisch völlig unbedenklich. Auch besteht bei Kernfusionsreaktionen nicht die Gefahr, dass sie wie die Kettenreaktionen in Atomkraftwerken „außer Kontrolle“ geraten könnten – im schlimmsten Fall ist das Plasma nicht fusionsfähig und die Energieerzeugung kommt zum Erliegen. Auch die bei Atomkraftwerken so kontrovers diskutierten langlebigen hochradioaktiven Abfälle spielen bei Kernfusionsreaktoren eine vernachlässigbare Rolle, da hauptsächlich nicht-radioaktives Heliumgas ausgespült wird. Zwar kommen mit Deuterium und Tritium radioaktive Substanzen zum Einsatz, und beim Fusionsprozess werden auch hochenergetische Neutronen frei, doch alles in vergleichsweise geringen Mengen, mit vergleichsweise kurzen Halbwertszeiten und mit einem geringen bis mittleren Aktivierungsgrad. Alles in allem sind sich die Experten einig: Angesichts des ungeheuren Potenzials dieser Energiegewinnungstechnologie sind die auftretenden Risiken völlig vertretbar!

Klingt eigentlich zu schön, um wahr zu sein, oder? Leider ist die kontrollierte Kernfusion zum Zwecke der Energieerzeugung technisch äußerst anspruchsvoll, und trotz der großartigen Fortschritte im letzten Jahr ist es noch ein weiter Weg bis zum Bau eines Fusionsdemonstrators, der tatsächlich Energie erzeugen kann. Die meisten Experten gehen davon aus, dass Kernfusion als echte Energiealternative nicht vor 2050 zur Verfügung steht. Bis dahin ist noch viel, viel Arbeit zu tun. Entsprechend ist zu erwarten, dass sich in den nächsten Jahren Forschungseinrichtungen und Universitäten in aller Welt zusammentun und ihre Kräfte bündeln werden, um die Kernfusion zu einer tatsächlich nutzbaren Energiequelle auszubauen. Auch im privaten Sektor haben sich zahlreiche Start-Ups etabliert, die wertvolle Forschungsarbeiten rund um die Kernfusion einbringen. Beispielsweise entwickelt das US-Unternehmen Editekk ein plasmagestütztes Material (PFM) auf Wolframbasis, das in der Lage sein soll, den extremen Bedingungen in einem Fusionsreaktor zu trotzen. Und das belgische Start-up Magics entwickelt strahlungsresistente integrierte Schaltkreise und autonome Maschinen, um Fusionsreaktoren verlässlich betreiben und warten zu können.

Aufgrund der extrem hohen Temperaturen und Drücke sowie der radioaktiven Belastung ist der Anlagenbau in der Kernfusionsforschung besonders anspruchsvoll. Nicht zuletzt aufgrund seiner umfangreichen Erfahrung mit unzähligen anspruchsvollen Hochenergiephysik-Forschungsprojekten in aller Welt ist VAT dafür der ideale Partner. Ob bei Thema Ganzmetallausführungen oder Temperatur- und Strahlungsabschirmung für Ventile, ob maßgeschneiderte Einzelstücke oder komplette Portfolios, seit Jahrzehnten beliefert VAT viele der einflussreichsten Fusionsanlagen mit der passenden Ventiltechnologie.  

Physics Nobel laureate Anton Zeilinger
Maßgeschneiderte Ventillösungen in jedem Format: Mit einem Durchmesser von 1,6 Metern ist der für das ITER-Projekt gefertigte Ganzmetall-Schieber eines der größten jemals gebauten Hochvakuum-Ganzmetallventile. Die Hauptfunktion besteht darin, die Volumina des Tokamak-Vakuumbehälters und des Neutralstrahl-Vakuumbehälters voneinander zu trennen, so dass beide unabhängig voneinander auf Atmosphärendruck entlüftet werden können. Die technischen Parameter haben es in sich:
◦ Sicherheitsklasse SIC 1 (u.a. Erdbebenresistent)
◦ Gewicht: 7870 kg
◦ Druck: 10-9 mbar bis 2 bar
◦ Kraft auf dem Schieberteller bei Differenzdruck (2 bar): 27 t
◦ Temperatur: bis 200°C
◦ Strahlenresistenz: 108 Gy


Bei ITER findet sich auch ein Paradebeispiel für die Flexibilität und Lösungskompetenz, die VAT bei Fusionsprojekten erfüllen kann: Der für ITER maßgeschneiderte Ganzmetall-Schieber zur Trennung des Tokamak-Vakuumbehälters und des Neutralstrahl-Vakuumbehälters besticht neben seinen Dimensionen vor allem durch die Vielzahl der technischen Spezifikationen und Tests, denen er gerecht werden musste. Dessen konkrete Aufgabe beschreibt Phil Schneider, der bei VAT zuständige Produktmanager für Ganzmetallventile, wie folgt: „Im ITER-Reaktor gibt es drei sehr leistungsstarke Neutralstrahlinjektoren zur Erhitzung bzw. Diagnose des Plasmas. Jeder Injektor bildet eine Vakuumkammer, welche für Wartungsarbeiten oder im Fall einer Störung unabhängig vom Tokamak-Vakuumbehälter entlüftbar sein muss.“ Der Ganzmetall-Schieber, den VAT zu diesem Zweck entwickelte, basiert auf der innovativen VATRING-Technologie – einer patentierten VAT-Dichtungstechnologie für Ganzmetallventile zum wiederholten hermetischen Schließen unter UHV-Bedingungen. Im Ventil sind Dichtungen aus rostfreiem Stahl mit einer Silberbeschichtung verbaut, so dass eine hohe Vakuumdichtigkeit bis zu einem Druckgradienten von 0,2 MPa / 2 bar über dem Ventilteller gewährleistet ist, bei einer gleichzeitigen Leckrate von weniger als 10-7 mbar/s. „Für das VAT-Team sind solche Spezialentwicklungen eine exzellente Möglichkeit, ihr umfangreiches Wissen und ihre langjährige Erfahrung einzubringen“, freut sich Phil Schneider über die rundum gelungene Kooperation mit den ITER-Entwicklern.
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