4,5 Milliarden Jahre – auf diese unvorstellbar große Zahl schätzen Forscher heute das Alter unserer Erde. Im Vergleich dazu mutet das Alter der Geochronologie, also der Wissenschaft von der Datierung des Erdalters, ziemlich bescheiden an: Zwar wurden seit dem späten Mittelalter zunehmend Zweifel an der offiziellen Kirchendoktrin einer Welterschaffung binnen 7 Tagen beziehungsweise eines Weltalters von etwa 6000 Jahren laut, doch es sollte bis weit ins zwanzigste Jahrhundert hinein dauern, bevor Wissenschaftler in der Lage waren, direkte Methoden zur absoluten Altersbestimmung von Gesteinen zu entwickeln.

Einen ersten Pionierschritt auf diesem wahrhaft steinigen Weg leistete ein schwedischer Geologe namens Gerard De Geer, der etwa zur Jahrhundertwende herausfand, wie man durch Analysieren der Jahresschichten in einem Gestein auf dessen Alter zurückschließen kann. Die Entdeckung der Radioaktivität brachte schließlich den Durchbruch: Man fand nämlich unter anderem heraus, dass jedes radioaktive Isotop eine charakteristische Halbwertszeit besitzt, so dass sich bei dessen Zerfall die Mengenverhältnisse der Zerfallsprodukte vorhersagbar mit der Zeit verschieben. Wenn aber die Menge der in einer Gesteinsprobe vorhandenen radiogenen Isotope eine direkte Funktion der Zeit ist, dann lässt sich aus deren Verhältnis das absolute Alter der Probe ableiten! So wurden die natürlich in Gesteinen vorkommenden radioaktiven Substanzen wie Kalium-40 oder Uran-235 zu Geburtshelfern der modernen Geochronologie: Was für den Historiker Zeitzeugen und Kalendereinträge sind, sind für Geochronologen die Mengenverhältnisse der Radioisotope.

Wann beziehungsweise in welchen Etappen hat sich unser Planet zu dem entwickelt, was er heute ist? Auf der Basis unzähliger weltweiter Gesteinsfunde erstellen Geochronologen einen immer umfassenderen „Lebenslauf“ für die Erde.
Quelle: www.bgc.org

Im Unterschied zur Stratigraphie, die sich mit relativen zeitlichen Korrelationen verschiedener Gesteinsschichten beschäftigt, hat die Geochronologie das große Ganze im Visier: Ihr erklärtes Ziel ist die Definition einer absoluten geologischen Zeitskala, also einem vollständigen „Lebenslauf“ der Erde. So lässt sich als erste Erdphase das sogenannte Präarchaikum definieren – eine formlose Ursuppe vor etwa 4 Milliarden Jahren. Es folgt das Archaikum mit ersten kontinentalen Krustenblöcken und Gesteinsschichten, gefolgt vom Proterozoikum, als sich eine sauerstoffhaltige Atmosphäre rund um die Erde entwickelte. Das Zeitalter sichtbaren Lebens, das Phanerozoikum, begann dann vor etwa 550 Millionen Jahren – und nur für dieses vergleichsweise geringe Zeitfenster können Forscher auf kontinuierliche Fossilienberichte zurückgreifen!

Je nachdem, welche Zeitbereiche erforscht werden sollen, müssen Geochronologen unterschiedliche radiometrische Messmethoden heranziehen. So eignen sich Analysen auf der Basis von schweren Isotopen wie Uran aufgrund der großen Halbwertszeiten für Altersbestimmungen im Bereich von mehr als einer Million Jahren. Für organische Objekte, die jünger als 50.000 Jahre alt sind, gibt es die sogenannte Radiokohlenstoffmethode, die auf der Zerfallsreihe des durch kosmische Strahlung in der höheren Atmosphäre entstandenen C-14 basiert. Mithilfe dieser und zahlreicher anderer Auswertungsmethoden analysieren Geochronologen die unermessliche Fülle weltweit verstreuter Gesteinspuzzlestücke, um ihr Modell von der Entwicklung der Erde zu verifizieren und stetig zu verfeinern – ein Modell, das schon jetzt den Betrachter ehrfürchtig staunen lässt, welch unglaubliche Reise unser Planet schon hinter sich hat.

Die verschiedenen Schichten in einer Felsformation lassen wertvolle Rückschlüsse über das jeweilige Schichtalter zu. ​ Quelle: www.bgc.org

Dabei geht es den Forschern aber um mehr als reine Nostalgie. Denn ein Verständnis darüber, wann und wie schnell welche Ereignisse in der Vergangenheit der Erde stattfanden, ist der Schlüssel zum Verständnis, wie und warum sie geschahen. Dies wiederum führt uns zu realistischen Annahmen darüber, welche Entwicklungen wir in Zukunft erwarten können. Beispielsweise ist es sinnvoll, unsere Prognosen hinsichtlich des aktuellen Klimawandels mit fundierten Untersuchungen des natürlichen Tempos, der Bandbreite und der Ursachen längst vergangener Klimaschwankungen auf der Erde abzugleichen. Die Erde hat in ihrer jahrmillionenschweren Geschichte schon unzählige „Klimaexperimente“ durchgeführt, wäre es da nicht unverzeihlich, wenn wir unser nachträgliches Wissen um deren Ausgang nicht zur Beurteilung der aktuellen Lage beziehungsweise zur Abmilderung möglicher Folgeschäden verwenden würden?

Dank der unermüdlichen Arbeit zahlreicher geochronologischer Forschungsinstitute wächst unser Wissen rund um die Entstehung der Erde stetig an. Forscherteams in aller Welt – sei es das Deutsche Geoforschungszentrum der Helmholtz-Stiftung in Potsdam, das SUERC-Institut in Glasgow oder das Paleomagnetism and Geochronology Laboratory in Peking – werten sorgfältig alle verfügbaren Daten- und Materialquellen aus. In Fachzeitschriften wie GChron, herausgegeben von der European Geoscience Union, diskutieren die Forscher ihre neuesten Erkenntnisse, stets auf der Suche nach möglichen Lücken im Lebenslauf der Erde.

Auch das Berkeley Geochronology Center (BGC), ein 1994 gegründetes gemeinnütziges Forschungsinstitut im sonnigen Kalifornien, hat sich der Aufgabe verschrieben, die Geschichte der Erde so lückenlos wie irgend möglich zu dokumentieren. Doch die BGC-Forscher spannen den Bogen sogar noch etwas weiter: Mithilfe modernster Technologie datieren sie die Entwicklung nicht nur der Erde, sondern auch unserer näheren planetarischen Nachbarn – bis zu den frühesten Stadien unseres Sonnensystems vor Milliarden von Jahren! Auf allen sieben Kontinenten der Erde sowie auf dem Mond und dem Mars werten die BGC-Wissenschaftler Gesteine und andere Materialien aus, um alle zentralen Ereignisse der Erd- beziehungsweise erdnahen Geschichte zu datieren und daraus Rückschlüsse über Phasen massiven Vulkanismus auf der Erde, drastische Klimaschwankungen oder mögliche Bombardements durch Meteoriten zu ziehen. So kommen sie nicht nur möglichen Ursachen für das Massensterben der Dinosaurier auf die Spur, sondern liefern auch eine immer stringentere Erklärung für die Entwicklung der Spezies Mensch.

Angesichts dieser Mammutaufgabe ist es kein Wunder, dass das BGC über eine unglaublich breite Palette von Auswertungstools verfügt. Da gibt es ein Paläomagnetismus-Labor, in dem das Erdmagnetfeld „ausschaltet“ wird, um Präzisionsmessungen des in den Gesteinen vorherrschenden fossilen Magnetismus zu ermöglichen. Oder ein hochmodernes Ar-40/Ar-39-Labor mit drei vollautomatischen Gasextraktions-Massenspektrometern, das für die Datierung von Gesteinen und Mineralien zwischen einem Alter von 2.000 und 4,6 Milliarden Jahren eingesetzt wird.

Die Liste ließe sich lange fortsetzen, und ständig kommen neue Geräte dazu. So berichtet Tim Becker, Lab Manager bei BGC: „Derzeit arbeiten wir an einem System für die Aufbereitung von Gas, das aus Mineralproben freigesetzt wird. Nachdem die Probe mit einem Laser erhitzt wurde, muss das austretende Gas möglichst gut gereinigt werden, damit nur nicht-reaktive Gase zur Analyse in das Edelgas-Massenspektrometer gelangen.“ Das System arbeitet im Ultrahochvakuum, welches mithilfe von Turbomolekular- und Ionenpumpen in einer Konstruktion aus rostfreiem, bei 250°C ausgeheiztem Stahl erzeugt wird.

Die anspruchsvolle Aufgabe, das ultrareine Innenleben des Reinigungssystems von der Raumatmosphäre abzuschirmen, haben Tim Becker und seine Kollegen etwa einem Dutzend VAT-Ganzmetallventilen der Baureihen 54 und 57, einigen manuellen VAT-Ventilen mit Hochvakuum-Elastomerdichtung und mehreren VAT-Schieberventilen anvertraut. Die Ventile separieren die verschiedenen Prozessvolumina (Laserheiz- und Reinigungskammer, kryogenes Konzentrationsvolumen, Pumpen) und stellen eine klare Trennlinie zwischen dem Gasaufbereitungssystem und dem Massenspektrometer selbst her. „All diese Ventile müssen absolut verlässlich arbeiten und dürfen selbst nichts zum Probengas beitragen“, erläutert Tim Becker die zugrundeliegende Problematik. „Nach meiner Erfahrung sind VAT-Ventile dafür am besten geeignet.“

Deren Zuverlässigkeit kommt nicht von ungefähr: VAT-Ganzmetallventile werden bei ihrer Herstellung mit bis zu 350°C ausgeheizt, was ihnen ihre besonders hohe Reinheit und extrem geringe Ausgasung verleiht. Aus diesem Grund setzt BGC auch bei zahlreichen anderen geochronologischen Analysegeräten auf die hocheffiziente VAT-Ventiltechnologie. Laut Tim Becker ist die Kooperation zwischen BGC und VAT eine langjährige Erfolgsstory: „Als wir beispielswiese im Jahr 2010 ein neues Hochpräzisions-Massenspektrometer entwickelten, zeigte sich schon in einem sehr frühen Entwicklungsstadium, dass sich im Innenraum des Geräts Verunreinigungen ansammeln – zu viel, um die gewünschte Messgenauigkeit zu gewährleisten. Ein VAT-Experte hat uns damals sehr wertvoll bei der Lösungsfindung unterstützt. Letztlich lag der Schlüssel zur Lösung des Problems in einer Umstellung auf goldbeschichtete VATRING-Ventiltellerdichtungen in allen prozesskritischen Geräteteilen. Im Standard sind die hart-auf-hart-dichtenden Dichtungen silberbeschichtet, doch angesichts der enorm hohen Präzisionsanforderungen bei diesem Gerät erwies sich Silber schlichtweg als nicht ausreichend reaktionsträge. Diese Erkenntnis mag für den interessierten Laien nicht besonders aufregend klingen, erregte seinerzeit aber großes Aufsehen in der Geochronologie-Community!“

Blick auf die neu entwickelte BGC-Gasaufbereitungsanlage. Erkennen Sie die beiden VAT-Ganzmetallventile am oberen Bildrand? Quelle: Tim Becker, Lab Manager, BGC